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Der Anschlag. Ein Statement

4. Dezember 2015, Verbrecher-Blog

Von Kirsten Achtelik

Am Freitag, den 27. November, betrat ein mittelalter weißer Mann die Planned Parenthood Klinik in Colorado Springs, USA. In der Klinik werden auch Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt. Fünf Stunden später hatte er drei Leute erschossen und neun so schwer verletzt, dass sie ins Krankenhaus mussten. Es ist sehr wahrscheinlich, dass es sich um einen Abtreibungsgegner, um einen „Lebensschützer“ handelt. Als er nach Stunden aufgab und sich von der Polizei abführen ließ, soll er „No more baby parts“, also „keine Leichenteile von Babys mehr“, gesagt haben.
Diese Aussage verweist auf eine ziemlich erfolgreiche Kampagne der radikalen Abtreibungsgegner*innen gegen Planned Parenthood.
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Pressestimmen

Gut nachvollziehbar arbeitet die Autorin die historische Entwicklung von feministischen Kämpfen, staatlichen Gesetzen und gesellschaftlichen Normen heraus und macht deutlich, welche Widersprüche in heute scheinbar klaren Forderungen liegen können: «Die Optimierung des eigenen Lebens lässt den neoliberalen Gesellschaftsumbau unhinterfragt», schreibt sie.

Rezension von Ruth Weismann in der österreichischen Straßenzeitung Augustin

Interessenspolitik von und für Menschen mit Behinderung und Feminismus spielt die Autorin nicht gegeneinander aus. Stattdessen macht sie Konfliktlinien und Berührungspunkte verständlich. Überzeugend legt sie dar, dass es konsequent ist, sowohl für die prinzipielle Straffreiheit von Schwangerschaftsabbrüchen, als auch gegen selektive Abtreibung normabweichender Embryos zu argumentieren. Einige Untersuchungen der Pränataldiagnostik (PND) brächten keinen gesundheitlichen Mehrwert mit sich. Entsprechend seien sie nicht als Prävention, sondern als Entscheidungsgrundlage für Selektion zu verstehen. Indem sie auf gesellschaftliche Normierungen verweist, illustriert die Autorin, dass gegenwärtige feministische Verständnisse von Selbstbestimmung zu kurz greifen.

Rezension von Anna Schreiner in der fzg – Freiburger Zeitschrift für GeschlechterStudien

Letztlich zeigt das Buch von Achtelik, wie widersprüchlich Subjekte im Zeitalter der Pränataldiagnostik angerufen werden und dass Behindertenfeindlichkeit mit jeder neuartigen, biomedizinischen Technologie nicht neu erfunden, sondern lediglich neu ausgestaltet wird. Es entstehen neuartige, behindertenfeindliche Praxen, die im Prinzip das Gleiche (Behindertenfeindlichkeit) verhandeln wie vor der Einführung solcher Technologien. Man könnte auch sagen, es kommt zu einer Modernisierung von Behindertenfeindlichkeit, in die der politische wie akademische Feminismus nicht unwesentlich verstrickt sind. Ebenso ist klarzustellen, dass Behindertenfeindlichkeit oder Mysogenie nicht genuin im Wesen von Gen- und Reproduktionstechnologien angesiedelt sind, sondern erst in den konkreten Praxen ihrer Anwendung ausgestaltet werden.

Rezenion von Heike Raab, in Querelles, der Rezensionszeitschrift für Frauen- und Geschlechterforschung

 

Ihre Thesen ordnet Kirsten Achtelik in den historischen Kontext ein und gibt Einblicke in die feministischen Kämpfe um die Abschaffung des Paragrafen 218, die Behindertenbewegung und deren Berührungspunkte miteinander. Dabei zeigt sie auf, wo die Bewegungen gemeinsam für eine Sache eingetreten sind, aber auch, wo es Probleme gab. Durch diese Gegenüberstellung wird das Buch spannend und gibt viele Anregungen für eine neue Diskussion rund um das Thema Selbstbestimmung von Frauen.

Lisa-Marie Davies / Missy Magazine

 

Kirsten Achtelik nimmt in ihrem Buch eine klare Haltung gegen solche behindertenfeindlichen, “ableistischen” Narrative und Praktiken ein. Sie zeigt, dass das möglich ist, ohne den feministischen Grundkonsens – nach Abschaffung des Paragrafen 218 – aufzugeben: Man kann kohärent argumentieren sowohl für reproduktive Selbstbestimmung von Frauen* als auch gleichzeitig gegen Behindertenfeindlichkeit. […] Sehr lesens- und bedenkenswert!

Antje Schrupp. Blog

 

Ihr gelingt es, Auseinandersetzungen, Gemeinsamkeiten sowie Spannungen zwischen den Bewegungen verständlich aufzuzeigen und deren Verbindung rund um das Prinzip der Selbstbestimmung auszuloten. Im Schlusskapitel greift sie aktuelle bewegungspolitische Entwicklungen auf und formuliert daraus differenzierte Vorschläge eines Verständnisses von „Selbstbestimmung ohne Selektion“ – der stärkste Teil ihres lesenswerten Buches.

Jessica Schülein / ak – analyse und kritik

 

Mit ihrem Buch liefert Achtelik einen wichtigen, neuen Anstoß für die Kritik am Selbstbestimmungsbegriff. Diese Diskussion gilt es fortzusetzen.

Catrin Dingler / Woxx – Luxemburgische Wochenzeitung

 

Ihre Beobachtung der Hilflosigkeit sowohl traditionell feministisch als auch behindertenpolitisch agierender Gruppierungen gegenüber einer in den 2000er Jahren wiedererstarkenden Lebensschützerbewegung bilden den Ausgangspunkt ihres fundierten Rückblicks in die jüngere Geschichte der beiden Bewegungen und ihrer Überschneidungen. Dass Achtelik dabei nicht nur die politische Ebene der sozialen Bewegungen berücksichtigt, sondern ihre Auseinandersetzungen mit den Entwicklungen auf medizinischem und juristischem Gebiet mit einbezieht, macht ihr Buch besonders interessant.

Gottfried Oy / Sozial.Geschichte Online

 

Statt das Recht auf Abtreibung und die Kritik an Pränataldiagnostik gegeneinander auszuspielen, fordert Achtelik, beides zusammen zu denken. Sie tritt ebenso für die Streichung des § 218 und Legalisierung der Abtreibung – unabhängig von einer Diagnose – ein wie für die Abschaffung einer standardisierten Pränataldiagnostik…

Claire Horst / AVIVA. Online Magazin für Frauen 

 

Kirsten Achteliks Auseinandersetzung mit dem (feministischen) Selbstbestimmungsbegriff ist unbedingt lesenswert! Denn sie versucht, den vielseitig und viel zu oft beliebig verwendeten Begriff vom Kopf auf die Füße zu stellen, indem sie ihn mit der Praxis pränataler Selektion konfrontiert.

Uta Wagenmann / Gen-ethischer Informationsdienst

 

Auf beeindruckende Weise analysiert Kirsten Achtelik in „Selbstbestimmte Norm“ die Forderung nach Selbstbestimmung und dem Recht auf Abtreibung innerhalb der autonomen Frauen*- und Behinderten- bzw. „Krüppelbewegungen“ sowie die Geschichte der pränataler Diagnostik (PND) und Eugenik in Deutschland. Sie zeichnet dabei wichtige Konfliktlinien, Widersprüchlichkeiten und behindertenfeindliche Komponenten innerhalb feministischer Auseinandersetzungen nach.

Judith Goetz / an.schläge – das feministische Magazin

 

Ein anspruchsvolles Buch, das aktuelle Debatten aufgreift, deren historische Entwicklung beleuchtet und Lösungsvorschläge zur Diskussion anbietet. 

Larissa Dämmig / ekz. bibliotheksservice

 

Ein politisch wichtiges und durch und durch empfehlenswertes Buch.

Charlie Kaufhold / kritisch-lesen.de

Neue Rezension

Im Soziologieblog, 15.Juli 2019

Die Sozialwissenschaftlerin, Autorin und Journalistin Kirsten Achtelik veröffentlichte 2015 das Buch „Selbstbestimmte Norm. Feminismus, Pränataldiagnostik, Abtreibung“ als Teil einer kumulativen Promotion. Weil die erste Auflage nahezu ausverkauft war und weil es weiterhin das einzig aktuelle Bewegungsbuch[i] im Bereich der Pränataldiagnostik (folgend PND) ist, haben Autorin und Verlag beschlossen, es erneut in gedruckter Form anzubieten. So erschien 2018 die überarbeitete, zweite Auflage. „Dies ist ein Bewegungsbuch, das nicht nur analysieren, sondern auch etwas verändern möchte.“ (S.13) Die Verknüpfung unterschiedlicher Interessengruppen im Feld der Schwangerenvorsorge (Frauenrechtsbewegung, Behindertenbewegung, Lebensschutzbewegung) wurde bisher in dieser Ausführlichkeit nicht erarbeitet. Damit schließt das Buch eine Lücke in der langjährigen Betrachtung der PND und zeigt deutlich die Verbindung zu anderen Forschungsfeldern auf wie zu den Disability Studies oder der Protestforschung. Außerdem vertritt sie eine Position, die ebenfalls bislang nicht ausreichend wissenschaftlich untermauert wurde: PND ist keine Erweiterung der reproduktiven Freiheiten, sondern schränkt diese in mehrfacher Weise ein. In Zeiten des akuten sozialen Wandels ist die Auseinandersetzung aktueller denn je und soll darum diskutiert werden.
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Schweigegeld für Heimopfer

Der Gewalt in staatlichen und kirchlichen Heimen in der Bundesrepublik und der DDR waren auch behinderte und psychiatrisierte Kinder und Jugendliche ausgesetzt. Ihnen soll ab dem kommenden Jahr finanzielle Hilfe zukommen – wenn sie ihr Leid ordnungsgemäß nachweisen. (in: Jungle World Nr. 49, 3. Dezember 2015)

von Kirsten Achtelik

Mitte November einigten sich die Arbeits- und Sozialminister der Länder auf die Einrichtung einer Stiftung zur Entschädigung behinderter und psychiatrisierter Heimkinder. Nichtbehinderte ehemalige Heimkinder erhalten bereits seit 2012 Zahlungen aus einem Fonds. Dem Beschluss zufolge sollen wahrscheinlich ab 2016 Hilfsgelder an Menschen ausgezahlt werden, die als Kinder und Jugendliche in der Bundesrepublik zwischen 1949 und 1975 und in der DDR zwischen 1949 und 1990 in stationären Einrichtungen der Behindertenhilfe oder stationären psychiatrischen Einrichtungen »Unrecht und Leid« erfahren haben. Eine Stiftung mit dem Namen »Anerkennung und Hilfe« soll die Anträge und Auszahlungen verwalten.
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„Ein Volk stirbt im Mutterleib“

In: Markus Liske / Manja Präkels (Hg.): Vorsicht Volk! Oder: Bewegungen im Wahn?
ISBN 9783957321213
2016, 192 Seiten, S. 88-94, 18,00 Euro, Verbrecher Verlag
Auch als E-Book in allen einschlägigen Stores erhältlich (Epub / Mobipocket für 11,99 €).
 
Textauszug:

Neben der Angst vor Ausländern (Pegida), Muslimen (HoGeSa) oder der „Frühsexualisierung von Kindern“ (»Besorgte Eltern«) haben „Lebensschützer“ vor allem Furcht davor, dass „die Deutschen aussterben“ könnten. Nicht nur Einwanderung, sondern vor allem die Frauen wollen radikale Abtreibungsgegner_innen kontrolliert wissen. Das Zuviel an „Fremden“ führen sie vorrangig auf ein Zuwenig an „deutschen“ Kindern zurück. Das christliche Abendland, das die Patriot_innen in Dresden retten wollen, entfaltet sich somit auch auf den „Märschen für das Leben“, sei es als Gebetsprozession wie in Münster oder als Schweigemarsch wie in Annaberg-Buchholz.

„Alles andere als ein Klassiker“

Das Online-Portal lesbengeschichte.org feiert im November sein zehnjähriges Bestehen. Ein Gespräch mit der Politikwissenschaftlerin Christiane Leidinger, einer der beiden Gründerinnen. (in: Jungle World Nr. 46, 12. November 2015)
Small Talk von Kirsten Achtelik

Was macht das Webportal so außergewöhnlich?

Es gibt im deutschsprachigen Raum kein vergleichbares Projekt, gerade auch in der Mischung aus Lesbengeschichte und Lesbenfilmgeschichte. Unsere Filmliste umfasst mehr als 440 deutschsprachige Spielfilme, in denen eine Anziehung zwischen Frauen zumindest angedeutet wird. Die Geschichte aus einer lesbischen Perspektive zu betrachten, ist alles andere als ein Klassiker. Es geht darum, Lesben kritisch in die Geschichte einzuschreiben, Lebensgeschichten sichtbar zu machen.

Was ändert sich an der Geschichte, wenn man die lesbische Lebensweise einbezieht?

Es gibt eine große Bereitschaft unter Historikerinnen und Historikern, Frauen, die in einem Haushalt zusammenleben, als Cousinen oder Haushälterinnen zu bezeichnen, statt zu fragen, ob sie vielleicht eine innigere Beziehung hatten. Es heißt oft, man wolle der Person nicht unterstellen, dass sie lesbisch war, als ob das etwas Ehrenrühriges sei. Als müsste man in die Schlafzimmer und unter die Decke geguckt haben, um eine Frau als Lesbe bezeichnen zu können. Ich drehe das gerne um, weil ich den Frauen nicht einfach unterstellen will, dass sie heterosexuell waren.

Sie sammeln auf der Website auch Zitate berühmter und weniger berühmter Lesben. Haben Sie ein Lieblingszitat?
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PID-Zentren wollen mehr

Die PID-Zentren in Hamburg und Lübeck haben detaillierte Zahlen zum ersten Jahr der Durchführung in Deutschland veröffentlicht. Wird damit die Geheimhaltungspflicht umgangen? (in GID 232, Oktober 2015 S. 37 – 38, dort auch Anmerkungen und Belege)

Präimplantationsdiagnostik (PID) ist in Deutschland seit Dezember 2011 in Ausnahmefällen erlaubt. Das Gen-ethische Netzwerk hat jeden Schritt im Legalisierungsprozess kritisch beobachtet und kommentiert. Jetzt liegen die ersten Daten der seit Juni 2014 arbeitenden Ethik-Kommission Nord vor – auch dem GID.

Eigentlich ist ihre Arbeit nicht öffentlich, die Kommissionsmitglieder sind zu absolutem Stillschweigen verpflichtet. Begründet wurde das mit dem Schutz der betroffenen Frauen und Paare. Weil aufgrund des selektiven Charakters der PID eine gesellschaftliche Diskussion ihrer Praxis möglich sein muss, hatte das GeN aber bereits Ende November 2013 gegen die Geheimhaltung protestiert. Zumindest in Mecklenburg-Vorpommern löste diese Kritik Bewegung aus: Auf Nachfrage eines Mitglieds der CDU-Landtagsfraktion erklärte das Ministerium für Arbeit, Gleichstellung und Soziales im Januar 2014, seinerseits bestünden „keine Bedenken gegen eine Veröffentlichung der jährlichen Kommissionsberichte“.
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Inklusions-Fallerifallera? Ohne uns!

Auch auf der dritten Pride-Parade in Berlin Mitte Juli demonstrierten Menschen mit psychiatrischer Diagnose und mit Behinderung für mehr Selbstbestimmung. Deutlich und laut kritisiert wurde diesmal die deutsche Inklusionspolitik. (in GID 231, August 2015 S. 37 – 38, dort auch Anmerkungen und Belege)

Unter dem Motto „Party statt Pathologisierung!“ fand am 11. Juli in Berlin zum dritten Mal die „Behindert und verrückt feiern“-Parade statt. 2.000 Menschen mit psychiatrischer Diagnose und Behinderung sowie deren UnterstützerInnen liefen, humpelten und rollten vom Neuköllner Hermannplatz zum Kottbusser Tor in Kreuzberg.

Die Parade war in diesem Jahr deutlich politischer. Auch wurden konkrete Forderungen erhoben, was in den Vorjahren eher vermieden worden war. Schon im Aufruf wurde das „Inklusions-Fallerifallera“ kritisiert, mit dem in der Politik zwar gern und viel über Inklusion gesprochen, aber kaum etwas getan werde. Die Pride-Parade machte sich dabei die Kritik des UN-Fachausschusses für die Rechte von Menschen mit Behinderungen an der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) zu eigen. Dieser Ausschuss hatte Deutschland im April eine Rüge erteilt: Sechs Jahre nach dem Inkrafttreten der Konvention würden Behinderte weiterhin systematisch daran gehindert, in eigenen Wohnungen zu wohnen. Kinder mit Auffälligkeiten würden mehrheitlich abgesondert beschult und Erwachsenen kaum Zugang zum ersten Arbeitsmarkt ermöglicht.
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Gegen die „Märsche für das Leben“ – eine Erfolgsgeschichte

in: Familienplanungszentrum – BALANCE (Hg.): Die neue Radikalität der Abtreibungsgegner_innen im (inter-)nationalen Raum. Ist die sexuelle Selbstbestimmung von Frauen heute in Gefahr?
ISBN 978-3-940865-32-8
2012, 95 Seiten, S. 84-87, 14,00 Euro, AG Spak

Textauszug:

Seit 2008 kommt es in mehreren deutschen, österreichischen und Schweizer Städten zu Mobilisierungen gegen die alljährlichen Demonstrationen der selbsternannten Lebensschützer_innen. Berlin, München, Freiburg und Münster, Wien, Graz, Salzburg und Zürich – linke, antifaschistische und (queer)feministische Gruppen demonstrieren gemeinsam mit Frauenberatungsstellen gegen fundamentalistische Christ_innen und Abtreibungsgegner_innen. Diese Mobilisierungen setzen zum einen den Aktionen der Abtreibungsgegner_innen erstmals öffentlichen Protest entgegen, zum anderen gaben sie auch Anstöße zur Vernetzung von Gruppen, die bislang nicht zusammengearbeitet haben. Darüber hinaus haben diese Proteste eine erneute Auseinandersetzung mit Abtreibung und reproduktiven Rechten angeregt, die in linken und (queer)feministischen Kreisen lange nicht mehr geführt wurde.