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Gefährliche Normalität

Covid: Die Maskenpflicht in Zügen fällt und das RKI ändert seine Risikobewertung, im nd 03.02.2023

Das Robert-Koch-Institut stuft die Gefahr der Covid-Pandemie nur noch als »moderat« ein. Begründet wird die Herabstufung mit einer deutlichen Abnahme schwerer Krankheitsverläufe. Auch gebe es derzeit keine Gefahr einer Überlastung des Gesundheitssystems mehr. Die Beschäftigten in Altenheimen und Krankenhäusern könnten hier etwas anderer Meinung sein, erst Mitte Dezember war der Personalmangel beispielsweise an der Berliner Charité wieder so schlimm geworden, dass elektive Operationen abgesagt und Betten gesperrt wurden. 

Auch die Abschaffung der Maskenpflicht in Fernzügen begründete das Bundeskabinett mit der Entspannung der Lage und dem Erfolg der bisherigen Schutzmaßnahmen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) rief dazu auf, die Maske freiwillig weiter zu tragen.

Weiterhin müssen Besucher*innen von Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen, Arzt- und Zahnarztpraxen bis zum 7. April, wenn das Infektionsschutzgesetz ausläuft, FFP2-Masken tragen, für den Zutritt zu Kliniken und Pflegeheimen braucht es außerdem einen negativen Schnelltest. In Nordrhein-Westfalen reicht seit Weihnachten ein privat durchgeführter Test, der auch nicht vorgezeigt werden muss – eigentlich reicht es also, zu sagen, man habe sich getestet. 

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“Culture of life versus Culture of death” – The Culture War of the German “Pro‑life” movement

Englischer Text zu Abtreibung, der „Lebensschutz“-Bewegung und Pränataldiagnostik auf illiberalism.org, 10.01.2023

The “pro-life” movement is part of the extreme right that has gained momentum in the U.S. due to the Supreme Court’s decision to overrule Roe v. Wade (1973), which granted women with unwanted pregnancies the right to an abortion. The German “pro-life” movement desires to make a similar impact but simultaneously tries to hide this motivation to appear moderate. Leaders often claim that they only push for a real abiding of the law, not for a tightening of it.

This might seem moderate, even liberal from the outside. However, Germany’s regulation of abortion is particularly complicated and, of course, the Right’s claim is not entirely true but is rather an acknowledgment of the political atmosphere surrounding the topic. Although they wage a cultural war on women’s and LGBTIQ rights, the leaders of the Right try to pretend that they are only fighting for the rights of “unborn babies,” people with disabilities, and mothers-to-be. So, let’s dig deeper into the situation in Germany, the discourse around disability and prenatal testing, and the rhetoric of the “pro-life” movement.

Abortion laws

There are many myths around German abortion laws, with most people believing that abortion is legal, when in fact this is only true in a few rare cases. Even on a progressive website mapping abortion laws, Germany is listed as abortion is possible “on request.”  People with more insight still believe that the current law is a “good compromise” that serves everyone.

Abortion is generally illegal and punishable by a fine or imprisonment of up to three years under Section 218 of Germany’s Criminal Code. Until the 12th week of pregnancy, a pregnant person can seek an abortion without being punished after compulsory counselling and a three-day waiting period. These kinds of abortions are “unlawful but not punishable.”

The obligation to seek counselling before an abortion is regulated in Section 219 of the Criminal Code and specified in the Pregnancy Conflict Act, but their formulations contradict each other. The Criminal Code states that “counselling serves to protect unborn life” and should “encourage the woman to continue the pregnancy,” while the Conflict of Pregnancy Act states that counselling “serves the protection of unborn life” but should be “free from any bias” and “encourage and inspire understanding, not instruct or patronize.”

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Bestenfalls naiv

Die Aufhebung der Maskenpflicht im Fernverkehr ist ein Fehler

Kommentar in nd, 14.01.2023

Gesundheitsminister Karl Lauterbach will »einfach mehr auf Eigenverantwortung und Freiwilligkeit setzen« und zum 2. Februar die Maskenpflicht in ICEs aufheben. Bald sind Masken wohl nur noch im Gesundheitsbereich Pflicht. Freiwilligkeit funktioniert aber nur, wenn Menschen verstehen, warum es in ihrem eigenen Interesse und in dem ihrer Lieben ist, sich vorsichtig zu verhalten.

Wenn aber das Problem als eigentlich erledigt erscheint, verhält man sich nicht vorsichtig, vor allem wenn die Vorsichtsmaßnahmen nervig und unbequem sind. Das Tragen von Masken dient neben dem Selbstschutz auch dem Fremdschutz. Unbequemlichkeiten für andere, fremde Menschen nimmt man in Kauf, wenn man die Notwendigkeit einsieht, es ein starkes Gefühl der solidarischen Verantwortlichkeit füreinander gibt oder wenn man halt muss.

Aus der von einigen zu Anfang der Pandemie erhofften Solidargemeinschaft ist offensichtlich nichts geworden. Die Informationslage zum Stand der Pandemie ist schlecht – das ließ sich zuletzt gut an dem Interview mit Christian Drosten verfolgen, das viele Medien mit einem knackigen »Die Pandemie ist vorbei« zusammenfassten. So etwas kommt Leuten, die die aktuell weiter hohen Todeszahlen nicht verfolgen und die Gefahr von Long Covid lieber verdrängen möchten, gerade recht. Wenn jetzt sogar der häufig als ewiger Mahner und notorische Nervbacke verschriene Lauterbach die Maskenpflicht abschaffen will – dann ist doch alles bestimmt wieder in Ordnung, oder?

In dieser Situation auf Freiwilligkeit zu setzen, ist im besten Fall naiv. Was Personen mit erhöhtem Risiko bleibt, ist individueller Schutz. Glücklicherweise gibt es mittlerweile Nasensprays, die Viren und Infektionen abwehren können, leider sind diese nicht ganz billig. Vielleicht muss #TeamVorsicht anfangen, einen Fonds dafür einzurichten.

Unbewusste Vorurteile

Kommentar im nd vom 11.112022

Niemand möchte, dass der Ausnahmefall einer Triage eintritt und niemand möchte Menschen mit Behinderung diskriminieren. In einer idealen Welt wäre damit das Problem einer unzureichenden und potenziell tödlichen Unterversorgung von behinderten und vorerkrankten Menschen auch schon vom Tisch – jedoch die Verhältnisse, sie sind nicht so.

Denn auch niemand möchte allzu viel Geld für ein funktionierendes Gesundheitssystem ausgeben – mit niemand sind hier Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach und die Krankenkassen gemeint. Und fast niemand möchte allzu intensiv über eigene Vorurteile reflektieren, vor allem nicht die »Götter in Weiß«.

Internalisierte Vorurteile gegen Menschen mit Behinderung wie Annahmen darüber, dass diese ein unangenehmes, ja eigentlich unzumutbares Leben voller Schmerzen und Leiden führen, sind sehr weit verbreitet, kaum jemand ist frei davon. Gerade Ärzt*innen sind meist in einem Weltbild verfangen, das Krankheiten und Beeinträchtigungen mit verminderter Lebensqualität und -länge gleichsetzt. Die Behindertenbewegung kämpft seit Jahrzehnten mit mäßigem Erfolg gegen diese Annahmen an.

Daher entbehrt es nicht einer gewissen Ironie, wenn der Bundesgesundheitsminister im Bundestag ausführte, dass eine streng medizinische Analyse diskriminierenden Zuteilungspriorisierungen vorbeugen würde. Das zeugt von einer beinahe rührend naiven Analyse davon, was Diskriminierung bedeutet. Kaum ein Arzt wird sich bewusst dafür entscheiden, eine behinderte Person nicht zu behandeln, weil sie behindert ist. Aber davon auszugehen, dass diese Person sowieso kein so langes, gutes etc. Leben haben wird, das ist quasi Teil des ärztlich-medizinischen Weltbildes. Dagegen hilft dieses Triage-Gesetz nicht.

Getrennte Wege

Meine letzte Kolumne zu Biopolitik und Alltag in der Jungle World 45/2022

Eine Biopolitik-Kolumne während einer Pandemie und der eigenen Krebserkrankung – über fehlende Themen und Ideen konnte ich mich nicht beklagen, seit ich vor gut zwei Jahren diese Kolumne begonnen habe. Ein Jahr nach meiner letzten Chemotherapie ist es aber nun Zeit, die Kolumne zu beenden. Nicht, weil die Pandemie vorbei wäre oder die Nach- und Nebenwirkungen der Therapie gegen den Krebs nicht kommentierungswürdig wären. Vielmehr entwickelte sich die Textgattung dieser Kolumne eben durch meinen Brustkrebs, die Depression und mein Outing als non-binary von »kritische Kommentare von jemandem mit sehr viel Meinung« zu »angepisste Anmerkungen von einer betroffenen Person mit sehr viel Meinung« – und seien wir ehrlich: Das ist kein Genre, das die Mehrheit meiner ehemaligen Redakteurskolleg:innen aus dem Jungle World-Kollektiv sehr zu schätzen weiß.

In einer Zeitung, in der die Kritik an Identitätspolitik manchen wichtiger erscheint als Menschenrechte für Leute mit bestimmten abweichenden Geschlechtsidentitäten (wie beispielsweise nicht missgendert zu werden), kommt mir eine Kolumne als mehrfach selbst betroffene und engagierte Person zunehmend fehl am Platz vor.

»Wir haben uns auseinandergelebt«, wäre wohl die nichts­sagend-diplomatische Formulierung, die man auf einer Familienfeier verwenden würde, wenn man nach den Gründen gefragt würde. Das sollte man bitte nicht falsch verstehen: Die Jungle World ist für die Linke eine wichtige Zeitung, in der Missstände analysiert werden, die anderswo keine oder zu wenig Aufmerksamkeit erhalten; ich schätze die ehemaligen Kolleg:innen sehr.

Corona, Krebs, Behinderung, sexuelle, geschlechtliche und reproduktive Rechte sowie die Debatten darüber waren in den ver­gangenen zwei Jahren die hauptsächlichen Themen dieser Kolumne. Viele biopolitische Themen liegen quer zu den traditionellen Einteilungen von rechten und linken Analysen, das habe ich schon in meinem ersten Buch zu Selbstbestimmung, dem Recht auf Ab­treibung und einer intersektionalen Kritik an pränataler Diagnostik festgestellt; die Auseinandersetzungen über die richtige Analyse und Bekämpfung der Covid-19-Pandemie auch unter Linken, die sich kritisch mit dem Gesundheitssystem beschäftigen, hat das mal wieder deutlich gemacht.

Ein anderes Thema sorgt derzeit sogar für noch mehr und meist sehr unschöne Debatten: Die geplante Abschaffung des Trans­sexuellengesetzes und dessen Ersetzung durch ein bereits in Eckpunkten vorgestelltes Selbstbestimmungsgesetz. Sahra Wagenknecht, Bundestagsabgeordnete der Linkspartei, hat in der vergangenen Woche ausgerechnet im Interview mit dem konservativen Magazin Cicero die Frage verneint, ob das geplante Selbstbestimmungsgesetz ein linkes Vorhaben sei. »Die ganze Gender-Diskussion« halte sie »für maßlos überzogen«. Sie mache sich Sorgen um das Wohlergehen von »sehr jungen Menschen in der ohnehin schwierigen Phase der Pubertät«, denen »fast schon« nahegelegt werde, »in einem Geschlechterwechsel die Lösung ihrer Probleme zu suchen«. »Viele junge Frauen«, die »zu Recht mit der sozialen ­Geschlechterrolle, mit den geringeren Verdienst- und Aufstiegschancen, die sie im Vergleich zu Männern heute immer noch ­haben«, hadern, solle man »nicht motivieren, deshalb ihr biologisches Geschlecht zu verändern«. Zudem sei es gefährlich, dass demnächst »jeder durch einen Eintrag beim Amt mal eben sein Geschlecht ändern kann und Männer dadurch Zugang zum Frauensport, zu Frauenhäusern oder Frauengefängnissen bekommen«. Und sie ergänzt: »Es gibt nun einmal zwei Geschlechter.« Das sind alles talking points, die auch rechte »Demo für Alle«-Aktivist:­innen, lesbische Terfs und – leider – auch Kolleg:innen in der Jungle World so vorbringen könnten.

Wenn ein intersektionaler Feminismus als unwissenschaftlich und unmaterialistisch abgetan wird und sogar die überfällige Entscheidung, dass Autor:innen seit diesem Monat mit dem Doppelpunkt entgendern dürfen, statt maximal die binäre Form »Autorinnen und Autoren« benutzen zu können, als »Trend, den viele kritisch sehen« bezeichnet wird, ist es Zeit, sich zu trennen. Diese ­Kolumne ist leider kein Format, diesen verfehlten Ansichten so entschieden entgegenzutreten, wie es notwendig wäre.

Mit meinem depressiven und von den Nachwirkungen der Chemotherapie beeinträchtigten Gehirn versuche ich zudem seit längerer Zeit, ein Exposé für ein Buch über Brustkrebs, Gender­medizin und kapitalistische Gesundheitspolitik zu schreiben, aber seit der Erkrankung bin ich nur recht eingeschränkt konzentrations- und arbeitsfähig. Und auch viel weniger belastbar. Dabei war es in der Vergangenheit oft entlastend, mit der Kolumne ein ­Ventil zu haben, durch das ich den bei der Krebsbehandlung entstandenen Druck ablassen konnte: absurde Gespräche im Chemoraum, unlogische Covid-19-Schutzregeln, die zu mehr Gefährdung führten, unerwartete Nach- und Nebenwirkungen der Krebs­behandlung. Aber Bücher und Exposés sind ein bisschen wie Diamanten – wenn man zu wenig Druck hat, entsteht nichts. Die ­Entscheidung, diese Kolumne aufzugeben, ist also auch der Hoffnung geschuldet, dass mit der freiwerdenden Energie und dem sich anstauenden Druck ein Exposé für das Buch zustande kommt. (An Verlage, die Interesse haben: Meine DMs sind offen!)

 

Cam- statt Chem-Sex

In Berlin auf Events zu gehen, um im Dunkeln Sex mit Fremden zu haben, ist derzeit wegen des Ausbruchs der Affenpocken eine ganz schlechte Idee. Bodycheck – Meine Kolumne zu Biopolitik und Alltag in Jungle World .

Seit Mai gibt es eine neue Seuche: Affenpocken, international mit MPX abgekürzt. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat den Ausbruch am 23. Juli zu einer »gesundheitlichen Notlage internationaler Tragweite« erklärt. Das Infektionsrisiko bewertet sie weltweit als moderat, in Europa aber als hoch. Deutschland und insbesondere Berlin sind Hotspots – von 31665 Affenpockeninfektionen weltweit entfallen der WHO zufolge 18005 auf Europa. Hierzulande gibt es 3142 gemeldete Fälle, davon 1497 in Berlin; bislang haben sich 3130 Männer, elf Frauen und eine Person unbekannten Geschlechts angesteckt.

Das löst Assoziationen aus. Zum einen mit der fortdauernden Covid-19-Pandemie, die ebenfalls eine »gesundheitliche Notlage internationaler Tragweite« ist. Zum anderen mit dem HI-Virus und dem Umgang mit Aids-Kranken in den achtziger Jahren. Verschiedene Seuchen und Krankheiten miteinander zu vergleichen, kann sinnvoll sein, weil man manchmal mehr versteht. Wenn kurzschlüssige Analogien aber wichtige Unterschiede verdecken, kann es auch schaden.

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Ein lauter Ruf nach Impfstoff

im nd vom 6. August 22

Schmerzender Hautausschlag, begleitet von Fieber: Damit geht man gerade besser schnell zum Arzt, denn es könnte sich um Affenpocken handeln.

Von dem aktuellen Ausbruch sind nach Angaben des RKI in Deutschland zurzeit 2839 Menschen betroffen. Die Übertragung von Mensch zu Mensch ist eigentlich selten, und Ausbrüche sollten sich daher von selbst ausbrennen. Das ist im Moment allerdings nicht der Fall, vielmehr steigen die Zahlen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat deshalb am 23. Juli den aktuellen Ausbruch zu einer gesundheitlichen Notlage internationaler Tragweite erklärt hat. Weltweit meldet die WHO 26 017 Menschen, die sich mit dem Virus angesteckt haben, davon 4761 in den letzten sieben Tagen. In den meisten Fällen verläuft eine Infektion mild. Weltweit wurden aber auch bereits acht Todesfälle gemeldet.

Der aktuelle Ausbruch seit Mai konzentriert sich mit 16 295 Infizierten vor allem auf Europa; in Deutschland bildet Berlin den Hotspot mit 1418 Fällen. Übertragen wird das Virus durch engen Kontakt, vor allem durch Kontakt mit Hautverletzungen.

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Kein guter Sommer

Die erste Sommerwelle der Covid-19-Pandemie rollt fast ungebremst durchs Land. Neben der ständigen Gefahr einer Coronainfektion kann das auch auf die Psyche schlagen. Bodycheck – Meine Kolumne zu Biopolitik und Alltag in der Jungle World vom 04. August 22

Tja, nun hat es mich doch erwischt. Nein, nein, eine Covid-19-Infektion habe ich bislang dank viel Vorsicht, Verzicht und vier Impfungen vermieden. Aber nach Brustkrebs, Chemotherapie, Operation, Bestrahlung und zwei Berliner Coronawintern, konfrontiert mit andauernden Nebenwirkungen der vergangenen Therapien und der derzeitigen Antihormontherapie, außerdem der Covid-Sommerwelle, die gesteigerte Lebensfreude und soziale Aktivität für Leute, die sich nach wie vor nicht anstecken wollen, schon wieder erstickt, hat mich die Erkenntnis ereilt, dass ich mit ein bisschen Selbstsorge und viel Willenskraft nicht auskomme: Ich warte nicht mehr länger ab, dass es besser wird, sondern nehme Antidepressiva.

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Wie man einen Raum für Sex baut

Eine Innenarchitektin gestaltet Sexrooms in einer Reality-Serie auf Netflix. Sie zeigt sich offen für verschiedene Arten von Sexpositivität und Kink. taz vom 27. 7. 2022

Wer hätte nicht gerne einen eigenen Raum nur für Sex und Play, professionell eingerichtet nach eigenem Geschmack und Vorlieben? Dieses Szenario ist der Kern der neuen Realityserie „How to build a Sexroom“, in der die Innenarchitektin Melanie Rose für Netflix „Sexrooms“ gestaltet. Angesichts der Wohnungskrise vielleicht etwas dekadent, das macht die acht Episoden der Netflix-Dokuserie aber umso geeigneter für eskapistischen Konsum gewürzt mit ein bisschen Neid.

Die Ma­che­r*in­nen der Serie haben sich bei der Auswahl der Prot­ago­nis­t*in­nen sichtlich Mühe gegeben. Neben heterosexuellen weißen und schwarzen Paaren werden ein schwules und ein lesbisches Pärchen, eine alleinstehende Frau, ein Paar, bei dem eine Person als Pronomen they verwendet und eine Polykonstellation mit sieben Personen vorgestellt. Net­flix muss sich auf dem Feld auch Mühe geben: Im letzten Jahr war die Streaming-Plattform heftig für transfeindliche Aussagen des Comedian Dave Chappelle und die Entlassung der*s nicht­bi­nä­re*n Angestellten B. Pagels-Minor kritisiert worden.

Für die Show ist die sexuelle Orientierung der Prot­ago­nis­t*in­nen nicht wichtig, dafür ihre sexuellen Kinks und Vorlieben. Den meisten ist wichtig, dass sie „keinen Dungeon!“ haben wollen, wobei sie sich darunter ein Verlies oder einen frühneuzeitlichen Folterkeller vorstellen.

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Dem Krebs sind Himbeeren egal

Komplementäre Methoden bei Krebserkrankungen in Mabuse 256 (2/2022)

Naturheilkunde und „alternative Medizin“ sind bei Brustkrebspatient*innen sehr beliebt. Deswegen habe ich mir mal die neuen Leitlinien zu Komplementärtherapien angeschaut. Spoiler: Nichts genaues weiß man nicht. Mabuse-Texte sind nicht online, deswegen nun hier nachzulesen. Und aus gegebenen Anlass: Homöopathie ist keine Medizin, sondern Hokuspokus.

Bis vor wenigen Jahrzehnten hat sich die Medizin kaum um eine Bekämpfung der Nebenwirkungen von Krebstherapien gekümmert. Es gab nur wenige Therapiemöglichkeiten, die alle sehr anstrengend für die Patient:innen waren – aber man war froh, überhaupt Mittel gegen diese tödliche und komplizierte Krankheit zu haben. Dass es den Betroffenen nicht gut ging, sie sich tagelang erbrachen, Schmerzen am ganzen Körper hatten, irreparable Nervenschäden behielten, schien ein geringer Preis für das Überleben. Mit der Zunahme an wirksamen Therapieformen – Operation, Bestrahlung, Chemotherapie, Antihormontherapie – und dem Wissen über ihre Wirkungen und Nebenwirkungen konnten sie wirksamer dosiert werden.

Großes Angebot an Mitteln gegen Nebenwirkungen

Die möglichen Nebenwirkungen der verschiedenen Therapien sind aber weiterhin strapazierend für Körper und Psyche. Für einige Nebenwirkungen wie Übelkeit und Erbrechen gibt es gute, erprobte Medikamente. Für andere wie Polyneuropathie, das sind Missempfindungen hauptsächlich in den Händen und Füßen, die sich bis zu bleibenden Nervenschäden entwickeln können, gibt es keine anerkannte Therapie. Im Hinblick auf die meisten potenziellen Nebenwirkungen ist mittlerweile ein riesiger Markt entstanden: Es gibt Ratgeber, Diätempfehlungen, Körperübungen und heilpflanzlichen oder homöopathischen Mittelchen. Die Versprechen sind bedeutend, die Preise auch, die Evidenz jedoch gering.

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