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Podiumsdiskussion zu reproduktiver Selbstbestimmung

Im Rahmen der Mitgliederversammlung des Internationalen Bundes der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA) veranstaltete dieser am 21. Oktober 2017 eine Podiumsdiskussion zum Thema Reproduktion und sexuelle Selbstbestimmung in Magdeburg. Dort diskutierte ich mit Katja Krolzik-Matthei, Viola Schubert-Lehnhardt und Daniela Wakonigg, das Gespräch ist in der aktuellen Ausgabe der MIZ (3/17) dokumentiert.

Interview zu Spätabbrüchen

Leben nicht Lebenswert?! Für den 3. Teil der Reihe „Hirnwäsche“ zu Spätabtreibungen hat Raúl Krauthausen mit mir gesprochen: Video bei youtube

„Es geht um die Verknüpfung verschiedener Kämpfe“

Interview in der Behindertenbeilage der Jungen Welt 28.06.17

Feministische und Behindertenbewegung müssen verstärkt ­zusammenarbeiten. Interview: Charlie Kaufhold

Im Februar haben 20 Organisationen eine Stellungnahme veröffentlicht, in der sie sich gegen die sogenannten Praena-Tests aussprechen. Worum geht es dabei?

Seit August 2016 prüft der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) der Krankenkassen, der Krankenkassenbetreiber und der Ärzteschaft, ob der nichtinvasive pränatale Bluttest in die Regelversorgung der Krankenkassen aufgenommen wird. Mit dem Test kann festgestellt werden, ob bei einem Fötus eine Wahrscheinlichkeit für Trisomie 13, 18 oder 21 vorliegt. In der Stellungnahme wird gefordert, dass dieses Verfahren gestoppt wird.

Was kritisieren Sie an dem Vorhaben, den Test in die Regelversorgung aufzunehmen?

Meiner Meinung nach verstößt das Verfahren gegen die UN-Behindertenrechtskonvention. Darin steht, dass Maßnahmen gegen »schädliche Praktiken« ergriffen werden müssen. Das Angebot des »Praena-Tests« ist eine solche schädliche Praxis, weil es nahelegt, dass die Geburt eines Kindes mit Behinderung nicht den gleichen Wert hat wie die Geburt eines nichtbehinderten Kindes. Eine kassenfinanzierte »Fahndung« nach Trisomien hebt diese als besonders vermeidenswert hervor. Außerdem ist der Prüfvorgang problematisch: Der G-BA prüft nur – wie bei Medikamenten auch –, ob der Test wirksam und zuverlässig ist. Für eine ethische Prüfung hat das Gremium kein Mandat.

Schon jetzt gibt es Untersuchungen, mit denen Föten auf mögliche Beeinträchtigungen getestet werden. Was ist das Besondere an dem »Praena-Test«?

Es gibt pränatale Untersuchungen, die medizinisch sinnvoll sind für die werdende Mutter oder das werdende Kind. Beispielsweise können mit Ultraschall Herzfehler festgestellt werden, die bei der Vorbereitung der Geburt zu berücksichtigen sind. Ultraschall kann aber auch dazu genutzt werden, nach Behinderungen zu suchen. Der Bluttest funktioniert nur so: Er ist ausschließlich selektiv. Er hat einzig und allein zum Ziel, nach unerwünschten Abweichungen zu suchen, er hat keinen medizinischen Vorteil.

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„Die Idee der absoluten Kontrolle ist total antiemanzipatorisch“

Interview in an.schläge 2017, IV / 2017, Thema

KIRSTEN ACHTELIK übt scharfe Kritik an der Pränataldiagnostik und fordert (Queer-)Feminist_innen dazu auf, die Frage nach Selbstbestimmung neu zu stellen. Interview: KATHARINA PAYK

an.schläge: In Ihrer Auseinandersetzung mit den Rechten von Menschen mit Behinderung positionieren Sie sich immer klar als Feministin. Zugleich üben Sie scharfe Kritik an feministischen Gruppen, die sich für das Recht auf legalen Schwangerschaftsabbruch stark gemacht haben, indem sie für die eugenische Indikation plädierten. Die Gruppe „Brot und Rosen“ argumentierte 1974 etwa, dass es für die Bevölkerung ein Vorteil wäre, „dass solchen Schäden (damit ist eine angeborene Behinderung gemeint, Anm.) durch Forschung und Behandlung vorgebeugt wird“. (1)

Kirsten Achtelik: Ich glaube, dass „Brot und Rosen“ damals ausgesprochen haben, was viele gedacht haben. Der Diskurs rund um die Wiedereinführung der sogenannten eugenischen Indikation zeigt, dass es sehr wenig Auseinandersetzung damit gab. Natürlich ist das auch darauf zurückzuführen, dass der Großteil der Frauenbewegung sowieso keine Indikationsregelung haben wollte, sondern den Abtreibungsparagrafen abschaffen wollte – deshalb war für sie die Indikation nur zweitrangig. Aber andererseits fällt auf, dass es zur sozialen Indikation beispielsweise sehr wohl Auseinandersetzung gab. Es gab eine innerfeministische kritische Auseinandersetzung mit dieser sehr wichtigen Gruppe, aber nicht mit den behindertenfeindlichen Aussagen, die weibliche Selbstbestimmung und Leben mit behinderten Kindern gegeneinander stellten. Man kann daraus schließen, dass das eigentlich ein Konsens war in der Szene.
In der Gruppe „Brot und Rosen“ waren auch Aktivistinnen aus der Kinderladenbewegung, die sich dafür einsetzten, mit Kindern studieren, arbeiten und Politik machen zu können. Das heißt, es war ein Diskurs über das Leben mit Kindern – unter bestimmten, „erschwerten“, Umständen – da. Warum also war das Thema Leben mit Kindern mit Behinderung kein Thema? Sowohl Behindertenrechtsbewegung als auch feministische Bewegung sind beide emanzipatorische Bewegungen, die eigentlich die gleichen Ziele haben sollten.

Gibt es heute mehr Überschneidungen zwischen feministischer Bewegung und Behindertenrechtsbewegung, auch in Bezug auf Abtreibung?

In den letzten Jahren nimmt die Diskussion um Behindertenfeindlichkeit und Ableism in der (queer-)feministischen Szene schon zu.

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Wenn Wissen weh tut

Interview im Stadtgeflüster Münster Ausgabe 04 April 2017 (noch nicht digital)

Überglücklich schwanger in der neunten Woche und dann das Untersuchungsergebnis:
Das werdende Kind hat einen Herzfehler, wird niemals ohne Hilfe rund um die Uhr leben
können. Abtreiben, oder nicht? Kirsten Achtelik hat eine klare Meinung: gar nicht erst
alle Untersuchungen durchführen lassen, die die pränatale Diagnostik ermöglicht.
Am Telefon erklärt mir die Buchautorin, warum diese Vorsorge uns zu einer
behindertenfeindlichen Gesellschaft macht.

Radiointerview mit Radio FRO 105,0

Feministische Kontroversen: Der Begriff der Selbstbestimmung und die Praxis der Pränataldiagnostik/selektiver Abtreibung

Im Oktober war sie auf Lesereise in Österreich, um ihr 2015 im Verbrecherverlag erschienenes Buch „Selbstbestimmte Norm. Feminismus, Pränataldiagnostik, Abtreibung“ vorzustellen. In dem Buch beschäftigt sie sich zum einen bewegungsgeschichtlich mit den feministischen Kämpfen um Abtreibung in der BRD, als auch mit der Behindertenrechtsbewegung. Sie bringt diese durch eine kritische Diskussion des Selbstbestimmungsbegriffes zusammen. Im Fokus steht ihre Auseinandersetzung mit selektiver Pränataldiagnostik, die mittlerweile, wenn eine Behinderung des Kindes angenommen wird, meistens zur Abtreibung führt.

Sie plädiert an Feminist_innen und Abtreibungsaktivist_innen, aktuelle Entwicklungen rund um Pränataldiagnostik und die Auswirkungen von selektiver Abtreibung nicht außer Acht zu lassen, sondern diese zu diskutieren und Stellung zu beziehen. Dabei geht es ihr auch darum, das Thema nicht den sogenannten Lebensschützern zu überlassen, die auf ihren „Märschen für das Leben“ Menschen mit Behinderung immer stärker einbinden, um Frauen das Recht auf Abtreibung generell abzusprechen. Im Gespräch macht Achtelik konkrete Vorschläge, um einer Normalisierung selektiver Diagnostik entgegenzuwirken und die Selbstbestimmung von schwangeren Frauen  zu stärken.

Christiane Löper, Redakteurin bei Radio Fro traf Kirsten Achtelik Interview in Salzburg.

Abtreibungen: Wollen wir wirklich alles wissen?

Mit der Parole „Mein Bauch gehört mir“ erkämpfte sich die Frauenbewegung hierzulande in den 70er-Jahren das Recht auf Abtreibung. Auch heute ist dieses noch immer Gegenstand kontroverser Debatten.

Selten bis gar nicht – und wenn dann nur von konservativen Kräften und Abtreibungsgegnern – wird in diesem Zusammenhang die Bedeutung der Pränataldiagnostik diskutiert. Diese führt laut der Sozialwissenschaftlerin und Journalistin Kirsten Achtelik zu selektiver Abtreibung. In ihrem Buch „Selbstbestimmte Norm“ zeigt sie einerseits auf, welche Konflikte und Gemeinsamkeiten es im Spannungsfeld zwischen Behinderten- und Frauenbewegung gibt und entwirft andererseits ein neues Konzept der Selbstbestimmung.

kurier.at: Sie bezeichnen sich als Feministin, stellen aber infrage, dass Sie als solche jede Art von Abtreibung verteidigen sollen. Wann ist ein Schwangerschaftsabbruch aus Ihrer Sicht problematisch?

Achtelik: Wenn eine Frau ungewollt schwanger ist, aber kein Kind haben will, soll ihr jede Art von Abtreibung ermöglicht werden. Ich halte es aber für problematisch, pränatale Diagnostik und daraus resultierende Abbrüche aufgrund einer möglichen Behinderung nicht zu hinterfragen. Die Gründe für eine Abtreibung sind dann häufig tendenziell behindertenfeindlich oder von Angst und Unkenntnis geprägt. Es wird aber so getan, als wäre das unter dem Motto von wohldurchdachten Entscheidungen zu akzeptieren und zu verteidigen.

In Österreich, aber auch Ländern wie Deutschland, Italien oder Belgien, darf bis unmittelbar vor der Geburt abgetrieben werden, wenn eine medizinische Indikation vorliegt. Öffentlich wird darüber wenig diskutiert. Warum ist das so?

Über Abtreibungen wird ja sowieso wenig gesprochen und sogenannte Spätabbrüche machen prozentual nur einen geringen Teil der Abbrüche aus. Es ist ein Trick von Abtreibungsgegnern und ‚Lebensschützern‘, hauptsächlich über diese Fälle reden zu wollen, weil sie dem, was man sich unter einem Baby vorstellt, am nächsten kommen. Ich spreche aber lieber über die Diagnostik, weil das Problem schon viel früher als beim Abbruch anfängt. Dieser ist oft eine Entscheidung am Ende einer Diagnosespirale.mehr … Abtreibungen: Wollen wir wirklich alles wissen?

„Nein, ich will diesen Test nicht machen!“

Kann man als Feministin das Recht auf Abtreibung verteidigen und gleichzeitig Pränataldiagnostik kritisieren? Auf jeden Fall – und auch bei den Protesten gegen den «Marsch fürs Läbe» müsse das zusammengedacht werden, sagt die feministische Aktivistin und Autorin Kirsten Achtelik. In der Woz Nr. 37/2016 vom 15.09.2016
Interview: Noëmi Landolt

WOZ: Kirsten Achtelik, mit dem «Marsch fürs Läbe» sind Abtreibungsgegner in den letzten Jahren wieder sichtbarer geworden. Diesen Samstag in Bern lautet die Parole «Lebenslang lebenswert» …
Kirsten Achtelik: Der Slogan zielt eindeutig auf pränatale Diagnostik (PND) und selektive Schwangerschaftsabbrüche ab. Das darf man als Feministin nicht ignorieren und muss sich überlegen, wie man damit umgehen möchte.

Es gibt doch jeweils auch eine Gegendemo aus linken, feministischen Kreisen, die sich den christlichen Fundis in den Weg stellt und das Recht auf Selbstbestimmung und Abtreibung verteidigt. Was wird hier also ignoriert?
Selektive PND hat nicht viel mit Selbstbestimmung zu tun, sondern ist vor allem behindertenfeindlich. Wir dürfen die Kritik daran nicht den konservativen Lebensschützern überlassen. Wenn wir ihnen nur die alte feministische Parole des Rechts auf Selbstbestimmung entgegenhalten, ist das ein strategischer Fehler.
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