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Corona: Lieber alle impfen

Zwar ist der neue Corona-Impfstoff da, doch unklare Informationen halten Ärzte zurück, im nd vom 26.09.2023

Seit Montag sind in Deutschland neue angepasste Impfstoffe gegen die aktuellen Coronavarianten verfügbar. Der erste Herbst ohne Schutzmaßnahmen lässt auch das Ansteigen weiterer Atemwegserkrankungen befürchten.

Die nächste Corona-Welle rollt pünktlich zum kalendarischen Herbstbeginn: Auch Finanzminister Christian Lindner und Verteidigungsminister Boris Pistorius haben sich mit Corona infiziert und mussten in dieser Woche Termine absagen. Seit einigen Wochen registrieren die Labore wieder mehr Covid-Infektionen. Mit einer sehr verminderten Test-Infrastruktur und wenig Aufklärung über die aktuellen Symptome sind die Zahlen jedoch nicht mit denen des vergangenen oder vorvergangenen Jahres zu vergleichen.

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Selbstbestimmungsgesetz: Grundrechte kommen näher

Das Bundeskabinett hat den Entwurf für ein Selbstbestimmungsgesetz verabschiedet. Betroffene sehen darin viel Misstrauen, nd vom 26.08.2023

Fragen wir mal andersherum: Warum muss überhaupt das bei der Geburt vermutete Geschlecht irgendwo eingetragen werden? Die Juristin Anna Katharina Mangold weist darauf hin, dass die zwangsweise Zuordnung zu einem Geschlecht bei der Geburt einen Eingriff in die Grundrechte jedes Menschen darstellt. Das Geschlecht eines Menschen kann man nicht an den Genitalien erkennen, weder bei Erwachsenen, noch bei Babys.

Solche Grundrechtseingriffe müssen gut begründet sein. Wenn der Staat aus Gründen der Tradition, der Statistik oder der Bevölkerungspolitik darauf besteht, eine solche Geschlechterzuordnung vornehmen zu lassen, dann sollte er es zumindest einfach machen, diese Zuordnung wieder zu ändern. Bei vielen Menschen trifft eine erste Zuordnung zwar halbwegs zu, wenn das aber nicht der Fall ist, ist es für die Betroffenen unzumutbar, eine Änderung unnötig zu erschweren. Seit 1981 ermöglicht das Transsexuellengesetz (TSG) einen Wechsel von »männlich« zu »weiblich« oder umgekehrt, nötig sind dafür zwei psychologische Gutachten von Sachverständigen und ein Gerichtsurteil. Früher war dafür eine Sterilisierung nötig und eine Scheidung vom bisherigen Ehepartner. Solche Regeln hat das Bundesverfassungsgericht eine nach der anderen für nicht mit den Grundrechten vereinbar erklärt. Neben »männlich« und »weiblich« gibt es seit 2013 die Möglichkeit, den Eintrag frei zu lassen und seit 2018 den Eintrag »divers«.

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Suizid: Betroffenen helfen statt Absichten fördern

Therapieplätze anstelle von Suizidmedizin: Verbesserung der Prävention ist dem Bundestag wichtiger als Erleichterung der Sterbehilfe, im nd vom 07.07.23

Die Suizidprävention soll in Deutschland gestärkt werden. Diesem Antrag stimmte am Donnerstag mit 693 Abgeordneten eine übergroße Mehrheit zu. Auf diesen Gemeinschaftsantrag hatten sich die Parlamentarier*innen erst am Vortag geeinigt. Die beiden Gesetzentwürfe von fraktionsübergreifenden Gruppen über eine Neuregelung der Suizidhilfe haben die Abgeordneten dagegen mehrheitlich zurückgewiesen.

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2020 war eine gesetzliche Neuregelung erforderlich geworden. Das Gericht hatte das gesetzliche Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe von 2015 aufgehoben, weil das allgemeine Persönlichkeitsrecht auch das Recht auf selbstbestimmtes Sterben umfasse und dabei die Hilfe Dritter in Anspruch genommen werden dürfe. Die am Donnerstag diskutierten Gesetzesentwürfe sollten Rechtssicherheit für Ärzt*innen und Angehörige herstellen.mehr … Suizid: Betroffenen helfen statt Absichten fördern

Medikamente sicherer ohne Profite

Kommentar zum Gesetz zur Arzneimittelsicherheit im nd vom 24. Mai 2023

Wenn Medikamente nicht zu kriegen sind, macht das Angst. In den Apotheken sind schon seit Monaten Krebsmedikamente, Antibiotika oder spezielle Arzneimittel gegen Fieber oder Schmerzmittel für Kinder nicht oder mit großer Verspätung erhältlich. In einem der reichsten Länder der Welt mit einem eigentlich funktionierenden Gesundheitssystem scheint das unnötig.

Die Ursachen sind komplex, Lieferkettenprobleme, Gewinnmaximierung der Pharmafirmen und globaler Kapitalismus gehören dazu. Richten soll es nun ein Frühwarnsystem für Medikamentenknappheit und eine Pflicht zur mehrmonatigen Lagerhaltung, außerdem soll die Pharmaindustrie mehr Geld aus Beitragsmitteln erhalten. Langfristig will Gesundheitsminister Lauterbach dafür sorgen, dass sich die Produktion von Arzneimitteln in Europa statt in Asien für die Pharmaindustrie wieder lohnt. Das funktioniert aber nur, wenn die Profite sicher sind. Für die sichere Versorgung der Patient*innen mit Medikamenten wäre es allerdings besser, die Herstellung lebenswichtiger Arzneimittel nicht dem Markt zu überlassen.

Covid: Impfen mit und ohne Empfehlung

Die Stiko will die Regeln für Corona-Impfungen ändern: Die meisten Menschen bräuchten demnach keine Auffrischung mehr, im nd vom 28. April 23

Auch für die Ständige Impfkommission (Stiko) scheint die Corona-Pandemie vorbei: In einer in dieser Woche veröffentlichten Empfehlung wird die Dringlichkeit einer Impfung stark eingeschränkt. Damit sind viele nicht zufrieden.

Für nicht vorerkrankte Kinder und Jugendliche sieht die Stiko gar keine Notwendigkeit zur Impfung mehr, für nicht vorerkrankte Erwachsene reiche eine »Basisimmunität«, bestehend aus zweifacher Grundimmunisierung mit einem Booster oder einer Infektion. Nur für über 60-Jährige, Personen mit »relevanten Grunderkrankungen«, Heimbewohner*innen sowie für medizinisches und pflegerisches Personal empfiehlt die Stiko eine jährliche Impfauffrischung. mehr … Covid: Impfen mit und ohne Empfehlung

Corona-Lockdown: Nicht alles schlecht

Beschwerden über völlig überzogene Regelungen zur Eindämmung der Pandemie sind weit verbreitet, im nd 22.03.2023

Unpopuläre Tatsachen: Die Lockdowns in Deutschland zu Beginn der Pandemie und im ersten Covid-Winter waren notwendig und im Vergleich mit anderen Ländern ziemlich harmlos. Zudem gab es für die betroffenen Gewerbe wie Handel und Gastronomie recht großzügige Ausgleichszahlungen.

Die Schutzmaßnahmen haben Leben gerettet, als die Gefahr bestand, dass nicht alle schwer Erkrankten (intensiv)medizinisch versorgt werden könnten. Sie hatten das Ziel einer allgemeinen Kontaktbeschränkung, um Ansteckungen weitgehend einzuschränken. Das war relativ unspezifisch in die Breite gezielt und lädt heute dazu ein, übertriebene Maßnahmen zu beklagen oder sich über eine absurde Regulierungswut lustig zu machen. Aber man erinnere sich: Zu Anfang der Pandemie gab es noch kaum Wissen über mögliche Ansteckungswege, keine Impfungen und keine einfachen Testmöglichkeiten. Beispielsweise wurde zu viel Energie in Empfehlungen zum richtigen Händewaschen und zu wenig Aufmerksamkeit in den Atemschutz investiert – wie lange man mit selbstgenähten Stoffmasken herumgelaufen ist und wie spät erst die Debatte um Luftfilter aufkam, ist im Rückblick durchaus bemerkenswert.mehr … Corona-Lockdown: Nicht alles schlecht

Long-Covid: Nicht genügend Hilfe

Betroffene von Long Covid fordern mehr Forschung für wirksame Medikamente, im nd vom 18.03.23

Die Sitzreihen im Bundestag waren recht übersichtlich besetzt, als das Parlament am Mittwoch einen Antrag der CDU/CSU zur besseren Versorgung von Long- und Post-Covid-Betroffenen beriet. Auch die Regierungsbank war weitgehend leer, die Minister*innen für Gesundheit (Karl Lauterbach, SPD), Forschung (Bettina Stark-Watzinger, FDP) und Finanzen (Christian Lindner, FDP) glänzten durch Abwesenheit. Das mag bei einem Antrag einer Oppositionspartei nichts Ungewöhnliches sein, problematisch könnte es aber erscheinen, wenn im vierten Jahr der Corona-Pandemie und am ersten internationalen Long Covid Awarenss Day die Regierung Betroffene von Long- und Post-Covid weiter mit Versprechungen hinhält, statt konkrete Zusagen für ein Hilfs- und Forschungsprogramm zu machen.

In Deutschland geht man von einer Million Betroffenen aus, die nach einer Corona-Infektion lange unter teils schweren gesundheitlichen Einschränkungen leiden, weltweit sind es Schätzungen zufolge etwa 65 Millionen Menschen. Zu den lang anhaltenden Folgen können so unterschiedliche Symptome gehören wie Schwindel, Schmerzen, Konzentrationsstörungen, Atembeschwerden und Fatigue, also Erschöpfung, bis hin zu dauerhafter Bettlägerigkeit. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) geht von mehr als 200 verschiedenen Symptomen aus.mehr … Long-Covid: Nicht genügend Hilfe

Gefährliche Normalität

Covid: Die Maskenpflicht in Zügen fällt und das RKI ändert seine Risikobewertung, im nd 03.02.2023

Das Robert-Koch-Institut stuft die Gefahr der Covid-Pandemie nur noch als »moderat« ein. Begründet wird die Herabstufung mit einer deutlichen Abnahme schwerer Krankheitsverläufe. Auch gebe es derzeit keine Gefahr einer Überlastung des Gesundheitssystems mehr. Die Beschäftigten in Altenheimen und Krankenhäusern könnten hier etwas anderer Meinung sein, erst Mitte Dezember war der Personalmangel beispielsweise an der Berliner Charité wieder so schlimm geworden, dass elektive Operationen abgesagt und Betten gesperrt wurden. 

Auch die Abschaffung der Maskenpflicht in Fernzügen begründete das Bundeskabinett mit der Entspannung der Lage und dem Erfolg der bisherigen Schutzmaßnahmen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) rief dazu auf, die Maske freiwillig weiter zu tragen.

Weiterhin müssen Besucher*innen von Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen, Arzt- und Zahnarztpraxen bis zum 7. April, wenn das Infektionsschutzgesetz ausläuft, FFP2-Masken tragen, für den Zutritt zu Kliniken und Pflegeheimen braucht es außerdem einen negativen Schnelltest. In Nordrhein-Westfalen reicht seit Weihnachten ein privat durchgeführter Test, der auch nicht vorgezeigt werden muss – eigentlich reicht es also, zu sagen, man habe sich getestet. 

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Bestenfalls naiv

Die Aufhebung der Maskenpflicht im Fernverkehr ist ein Fehler

Kommentar in nd, 14.01.2023

Gesundheitsminister Karl Lauterbach will »einfach mehr auf Eigenverantwortung und Freiwilligkeit setzen« und zum 2. Februar die Maskenpflicht in ICEs aufheben. Bald sind Masken wohl nur noch im Gesundheitsbereich Pflicht. Freiwilligkeit funktioniert aber nur, wenn Menschen verstehen, warum es in ihrem eigenen Interesse und in dem ihrer Lieben ist, sich vorsichtig zu verhalten.

Wenn aber das Problem als eigentlich erledigt erscheint, verhält man sich nicht vorsichtig, vor allem wenn die Vorsichtsmaßnahmen nervig und unbequem sind. Das Tragen von Masken dient neben dem Selbstschutz auch dem Fremdschutz. Unbequemlichkeiten für andere, fremde Menschen nimmt man in Kauf, wenn man die Notwendigkeit einsieht, es ein starkes Gefühl der solidarischen Verantwortlichkeit füreinander gibt oder wenn man halt muss.

Aus der von einigen zu Anfang der Pandemie erhofften Solidargemeinschaft ist offensichtlich nichts geworden. Die Informationslage zum Stand der Pandemie ist schlecht – das ließ sich zuletzt gut an dem Interview mit Christian Drosten verfolgen, das viele Medien mit einem knackigen »Die Pandemie ist vorbei« zusammenfassten. So etwas kommt Leuten, die die aktuell weiter hohen Todeszahlen nicht verfolgen und die Gefahr von Long Covid lieber verdrängen möchten, gerade recht. Wenn jetzt sogar der häufig als ewiger Mahner und notorische Nervbacke verschriene Lauterbach die Maskenpflicht abschaffen will – dann ist doch alles bestimmt wieder in Ordnung, oder?

In dieser Situation auf Freiwilligkeit zu setzen, ist im besten Fall naiv. Was Personen mit erhöhtem Risiko bleibt, ist individueller Schutz. Glücklicherweise gibt es mittlerweile Nasensprays, die Viren und Infektionen abwehren können, leider sind diese nicht ganz billig. Vielleicht muss #TeamVorsicht anfangen, einen Fonds dafür einzurichten.

Cam- statt Chem-Sex

In Berlin auf Events zu gehen, um im Dunkeln Sex mit Fremden zu haben, ist derzeit wegen des Ausbruchs der Affenpocken eine ganz schlechte Idee. Bodycheck – Meine Kolumne zu Biopolitik und Alltag in Jungle World .

Seit Mai gibt es eine neue Seuche: Affenpocken, international mit MPX abgekürzt. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat den Ausbruch am 23. Juli zu einer »gesundheitlichen Notlage internationaler Tragweite« erklärt. Das Infektionsrisiko bewertet sie weltweit als moderat, in Europa aber als hoch. Deutschland und insbesondere Berlin sind Hotspots – von 31665 Affenpockeninfektionen weltweit entfallen der WHO zufolge 18005 auf Europa. Hierzulande gibt es 3142 gemeldete Fälle, davon 1497 in Berlin; bislang haben sich 3130 Männer, elf Frauen und eine Person unbekannten Geschlechts angesteckt.

Das löst Assoziationen aus. Zum einen mit der fortdauernden Covid-19-Pandemie, die ebenfalls eine »gesundheitliche Notlage internationaler Tragweite« ist. Zum anderen mit dem HI-Virus und dem Umgang mit Aids-Kranken in den achtziger Jahren. Verschiedene Seuchen und Krankheiten miteinander zu vergleichen, kann sinnvoll sein, weil man manchmal mehr versteht. Wenn kurzschlüssige Analogien aber wichtige Unterschiede verdecken, kann es auch schaden.

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