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Pink gegen die Angst

Der Oktober fungiert jedes Jahr als Brustkrebsmonat, in dem Vorsorge im Mittelpunkt steht. Reine Appelle vereinfachen jedoch das Problem.

Bodycheck – Die Kolumne zu Biopolitik und Alltag in der Jungle World 42/21

Für viele Krankheiten gibt es einen Tag im Jahr, den oft nur die Betroffenen, ihre Angehörigen und das medizinische Personal kennen. Brustkrebs bekommt sogar einen ganzen Monat, nämlich den Oktober, in dem verschiedene Organisationen verstärkt auf die Wichtigkeit von Vorsorgeuntersuchungen hinweisen. Zum Auftakt des #BreastCancerAwarenessMonth wurden Gebäude wie das Weiße Haus, der Eiffelturm und das IDF-Hauptquartier mit pinkem Licht angestrahlt.

Die Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung twitterte zu einem Bild von Dilek Kalayci (SPD) mit einer sehr großen pinken Schleife auf der Brust: »Früherkennung erhöht Heilungschancen und kann Leben retten – deshalb unbedingt zur Vorsorge gehen!« Die Protagonisten der Netflix-Serie »Sex Education« veröffentlichten ein Video, in dem sie mittels der leicht zu merkenden Abkürzung TTT (»use the Toilet, brush your Teeth, check your Tits«) sogar empfahlen, das Abtasten der Brust zum Teil der täglichen Morgenhygiene zu machen.

In diesem Jahr erscheint die Erinnerung an das Abtasten der eigenen Brust, die Vorsorgeuntersuchung bei der Gynäkologin oder die Mammographie besonders sinnvoll, da im ersten Jahr der Covid-19-Pandemie viele Menschen Arztbesuche vermieden haben. Einer neuen Studie der Universität Innsbruck zufolge sank die Detektion von Brusttumoren im vergangenen Jahr im Vergleich zum Vorjahr um 52 Prozent, dafür stieg die Zahl der Patientinnen mit krebsspezi­fischen Symptomen, und die gefundenen Tumore waren im Durchschnitt größer. Auch ich war pandemiebedingt 2020 nicht bei meiner Gynäkologin. Nach meiner Brustkrebsdiagnose im Mai habe ich mich gefragt, ob das wohl ein großer Fehler gewesen ist.
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Dating unter Chemo

Krebserkrankung, kräftezehrende Behandlung und nicht alltägliche Sexualpraktiken, wie geht das zusammen? Ein Erfahrungsbericht in Neues Deutschland, 09.10.2021

Willkommen im Club: Etwa 69 700 Frauen erkranken in Deutschland jedes Jahr an Brustkrebs, damit ist es die häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Meine Clubaufnahme erfolgte etwas abrupt im Mai 2021. Da war der Tumor schon größer als meine Brust vorher gewesen war, trotzdem hatte ich den Klotz bis zur Mammografie und anschließender Biopsie für harmlos gehalten. Mit der Krebsdiagnose schien das »normale« Leben dann erst mal vorbei: Der Schock will überwunden werden, viele Menschen müssen es erfahren, man muss sich über vieles informieren und Unterstützungsstrukturen aufbauen. Von einigen Seiten wird die Erwartung an einen herangetragen, alle Energie auf den Heilungsprozess zu richten: Die Betroffenen werden angeregt, sich mit gesunder Ernährung, Entspannungstechniken und Sport zu beschäftigen. Arbeit und Sexualität gelten als Beschäftigungen, von denen sich die Patient*innen wahrscheinlich erst mal verabschieden müssen.

Bei meinem ersten Gespräch mit der Ärztin, die die Chemotherapie begleiten und beaufsichtigen würde, habe ich mir notiert: »Libido geht wohl den Bach runter.« Das Thema hatte ich in dem Aufklärungsblock über die ausbleibende Menstruation während der Chemotherapie angesprochen, und ihre Antwort hat mich mehr beunruhigt als manch andere potenzielle Nebenwirkung.mehr … Dating unter Chemo